
HOFFMANNIANA
nach dem Szenario für einen nicht realisierten Film
Übersetzung: Gertraude Krueger
Mit: Ulrich Noethen, Dagmar Manzel, Otto Melies, Arta Preuß, Joachim Siebenschuh, Jule Böwe, Peter Panhans, Annemone Haase, Philine Zebralla, Andreas Leupold
Komposition: Kai-Uwe Kohlschmidt
Gesang: Momo Kohlschmidt
Tonaufnahmen: Kaspar Wollheim & Kathrin Witt
Mischung im 4tune-Studio: ZAP
Länge: 54 min
Dramaturgie: Lutz Volke
Hörspielbearbeitung & Regie: Kai Grehn
Eine Produktion des RBB mit dem SWR 2004
- Prix Marulić Spezialpreis 2005
HOFFMANN: Ich weiß noch, einmal, im vergangenen Winter, auf einem Ball da war mir, als sei ich zersprungen in ungezählte Stücke. Und die Menschen ringsum waren mein eigenes Ich. Wie diese Doppelgänger mich geplagt haben!
Für die Künstler der deutschen Romantik und für E.T.A. Hoffmann insbesondere fühlte Tarkowski eine Art Wahlverwandtschaft. Bereits seit Mitte der sechziger Jahre trug er sich mit dem Gedanken, das Leben des Schriftstellers E.T.A. Hoffmann zum Thema eines seiner Filme zu machen. HOFFMANNIANA enthält das Szenario für diesen niemals realisierten Film. In seiner Filmnovelle verknüpft Tarkowski Episoden aus Hoffmanns Leben mit Zitaten, Motiven und Passagen aus dessen literarischem Werk zu einer szenischen Collage. Ort der Rahmenhandlung ist das Sterbezimmer Hoffmanns. Freunde, Verwandte und Figuren aus Hoffmanns Erzählungen finden sich am Bett des Todkranken ein, entführen ihn in seine Erinnerungen und in die phantastische Gegenwelt seiner Dichtung. Tarkowski bedient sich dabei Hoffmannscher Stilmittel, die auch sein eigenes filmisches Werk kennzeichnen: Die Erzählperspektiven wechseln ebenso sprunghaft wie die Zeitebenen, Schilderungen biographischer und historischer Wirklichkeit gehen nahtlos in Traumsequenzen über, die Grenzen zwischen Realität und Phantasie scheinen aufgehoben…
Die internationale Jury des Prix Marulic würdigte besonders „… die feinfühlige und kongeniale Umsetzung der Filmerzählung in ein akustisches Medium“.
Im Spiegel
„Im Ohr bleibt der besondere Rhythmus aus Schwung und Nachdruck, Schwerpunkten und Gedankensprüngen. Ein intensives Ensemble gewichtet Bruchstücke aus Hoffmanns Erzählungen und Briefen, die um Kontrapunkte wie Tod und Liebe, Katastrophe und Kreativität kreisen.
Zu entdecken lohnt sich, wie Tarkowskij mit noch mehr Spiegeln als Hoffmann dessen Metamorphosen mit eigener Magie mischt. So sieht der Opernenthusiast der Erzählung „Don Juan“ sich hier mit der schönen Sängerin der Donna Anna vereint – im Spiegel seiner Loge. Pein und Peinlichkeit einer Eifersuchtsszene, die Hoffmann (Ulrich Noethen), seiner unerfüllten Bamberger Liebe zu Julia Mark (Jule Böwe) zuschreibt, steigert Tarkowskij im barocken Spiegelkabinett: Dort erblickt der Romantiker Julias zukünftigen Ehemann so unentrinnbar vervielfältigt, daß er in Wahnsinnswut gerät. In der Agonie hingegen beruhigt ihn der bleibende Reigen seiner Figuren im Spiegelbild. Immer wieder zeigen hier die Spiegel, was dem Künstler so im Kopf herumschwirrt. Manchmal spiegelt Tarkowskij dabei in Hoffmann sich selbst.“
(Eva-Maria Lenz, FAZ, 26.09.2005)